Kinderspiele im 2. Weltkrieg

Es waren die letzten Kriegsjahre. Die Bomberwellen flogen über Almrich in Richtung Leipzig, Buna, Leuna und das Geiseltal. Vom Lindenberg konnten wir das gut beobachten. Am Himmel erschienen "Christbäume und Fesselballons", Aluminiumstreifen wurden abgeworfen um den Gegner zu täuschen. All das erklärte uns unser Opa unter dem abendlichen Sternenhimmel. Pünktlich um 8Uhr Abends erschien mein Opa in unserer Wohnung und lauschte das ganz leise eigestellte Radio auf dem Sender London, nach Frontberichten ab. Der Sender London war ein "Feindsender " der in deutscher Sprache sendete und das  Abhören war streng verboten. Das war Wehrkraftzersetzung. Wir Kinder begriffen dies alles erst später, mit allen Ihren Auswirkungen. Die Eltern bauten aus Angst vor den Bomben, hinter den Häusern, Luftschutzbunker  in den Lindenberg, denn die Kartoffelkeller waren zu klein, zu nass und zu unsicher. Wir Kinder hatten unseren eigenen Bunker entdeckt. Unweit des letzten Hauses auf dem Lindenberg, fanden wir im Wald einen gusseisernen Deckel. Nachdem wir Ihn beiseitegeschoben hatten ,sahen wir, dass sich darunter ein dunkler Raum befand. Schnell war aus trockenen Gras eine Fackel hergestellt, angebrannt, Streichhölter zum kokeln hatten wir immer dabei, und wir sahen einen großen Raum ca.4 mal 4 Meter groß und auch so hoch. Es war der beste Bunker, die beste Bude, die sich ein Junge nur denken konnte. Auf den Gedanken, dass sich der Raum auch für die Erwachsenen eignen würde, kamen wir nicht. Wir hatten unseren Bunker für uns. Dabei handelte es sich um den ersten Wasserhochbehälter Almrichs, der nach der Inbetriebsetzung des Hochbehälters auf dem Riester, außer Betrieb gesetzt wurde und in Vergessenheit geriet.In kurzer Zeit hatten wir Ihn mit einer selbst gebastelten Leiter aus Ästen begehbar gemacht. Abends Verschlossen wir den Bunker wieder und bedeckten den Deckel mit Laub. Nach einer Weile hatten wir uns häuslich eingerichtet. Tisch und Bänke bastelten wir selber.  Nachdem uns der Rauch eines offenen Feuers die Tränen in die Augen trieb ,wurde ein Ofen aus der naheliegenden Ausschachtung besorgt und mit Seilen runtergelassen. Die Ofenrohre ,ebenfalls aus der Ausschachtung oder von zu Hause aus Remise und Boden geklaut ,wurden durch die vorhandenen Entlüftungsrohre gesteckt. Fertig war der Schornstein. Ach,  war das eine herrliche Zeit!  Vergessen war Krieg und Hunger! Den Hunger stillten wir auf "Hessen Annas" naheliegenden Feld. Dort wuchsen Möhren, Radieschen, Erbsen, Kartoffeln und Gurken. Der erste Selbstbedienungsladen Almrichs. Zu unserer Bande gehörte auch ein halber Wilddieb. Dessen Vater hatte Frettchen und ging frettieren. Auf jeden Fall, kannte der sich aus, wie das gemacht wurde. Ich kann mich erinnern, dass wir auch wilde Kaninchen auf unseren Speiseplan hatten. Fische fingen wir mit Angel oder fingen sie mit der Hand. Das funktionierte so. Die kleine Saale wurde in der Regel aller 2 Jahre zum reinigen und offiziellen abfischen  in Bad Kösen abgestellt. Die Fische schwammen nun nur noch in einem kleinen Rinnsal, wo man sie mit Kescher oder mit der Hand, unter den Baumwurzeln greifen konnte. Heute, glaube ich:" hätte man uns in einem Urwald ausgesetzt, wir hätten überlebt", wie wir auch die schweren Nachkriegsjahre überlebt haben. Gewiss gibt es heute andere Spiele für die Kinder. Ob sie lehrreicher für das Leben und das überleben sind ,wage ich zu bezweifeln.                                                                                                                     

                                                                                                                                                                                H.R.