Unrühmliche
Geschichten aus Kindertagen
Wir schreiben das Jahr 1942/43.Wir Almricher Jungen stromerten mal
wieder durch die Almricher Flur auf der Suche nach irgend einer Abwechslung.
Einer der großen Jungs hatte eine Idee und was für eine. Wie jedes Jahr war
wieder mal Einquartierung im Dorf. Die deutsche Wehrmacht war auf den Almricher
Saalewiesen im Sommerlager. Viele Fahrzeuge lagerten dort. Also nichts wie hin.
Anschleichen wie die Indianer und in die Lastwagen steigen war schnell
geschehen. Was waren das für Kisten? Also erst mal raus und weggeschafft. Bis
zum Lindenberg schaften wir sie, dann wurden sie zu schwer und wir mussten erst
mal nachsehen was wir eigentlich erbeutet hatten. Wir guckten verdutzt als
wir MG Gurte und Zündschnüre in der einen Kiste und Verbandzeug in der anderen
Kiste fanden. In Opas Schraubstock knackten wir die Patronen und entfernten die
Geschosse und die Watte. Dann kam das Pulver. Welch ein Leichtsinn, werden die
Leser denken. Wir machten uns darüber keine Gedanken, hatten wir doch auf dem
Schießplatz in der NAPOLA schon oft liegengebliebene KK Patronen gefunden und
geknackt. Vor uns war nichts sicher. Also die MG Gurte umgehängt ,das abgefüllte
Pulver und die Zündschnüre geschnappt und ab ging es, Richtung Bismarckturm
.Dort angekommen, wurde das Pulver an der Hangkante aufgeschüttet, Patronen
rundherum gelegt und die Zündschnüre als Lunte angelegt. Ich war damals gerade
mal 8 Jahre alt, der Jüngste der Bande. Die Älteren schickten uns Jungens in die
Furchen des angrenzenden Kartoffelfeldes Deckung nehmen. Denn was passieren
würde, ahnten wir auch. Der Älteste zündete die Schnur und das Feuerwerk begann
.Es hat nicht viel gefehlt und wir hätten uns besch........ Natürlich haben das
die Soldaten gehört und es dauerte nicht lange und die Feldjäger kamen mit
Seitenwagengespann angeprescht. Jetzt ging es uns doch dünn durch die Hosen. Wir
verdrückten uns und machten, dass wir fort kamen. Das dicke Ende erwartete uns
am anderen Tag in der Schule. Der Lehrer Örtel Willi, gleichzeitig auch SA
Scharführer oder so etwas Ähnliches, lies uns alle antreten. Wie sie uns als
Täter raus gefischt haben, weiß ich nicht. Ich glaube, es hat uns auf der Stirn
gestanden, so einen Schiß hatten wir. Ach ja, der Älteste hatte sich beim
anzünden das Gesicht verbrannt, danach hieß er nur noch " Feuerschlange". Also
alle vortreten! Du warst dabei? Ja, antworteten wir kleinlaut. Klatsch, klatsch
machte es und wir hatten als erstes unsere Watschen weg. Und die waren nicht von
schlechten Eltern. Die Älteren sollten in die Erziehungsanstalt gebracht werden
.Es wurde aber nichts daraus. Ich habe meine Lehren daraus gezogen. Beim letzten
Fronturlaub meines Vaters, danach viel er an der Ostfront für" Führer, Volk und
Vaterland", sagte mein Vater zu mir :" Junge, wenn du jemals freiwillig eine
Waffe in die Hand nimmst, hacke ich Dir die Beine spitz" Ich habe mich mein
ganzes Leben danach gerichtet, und werde es bis an mein Lebensende weiter
tun. H.R.
PS. Einige Zeitzeugen leben noch!