Parallelen zum jetzigen Zustand in Haiti !
Die letzten Kriegstage.
In der Not wurden Almricher zu Dieben und kriminellen Plünderern!
Wenn ich die Bilder von Haiti sehe, wie die Menschen einfach, aus dem Willen
zu überleben, greifen
was zu greifen ist und dabei auch Gewalt gegen Jedermann anwenden,
fällt mir unwillkürlich die Zeit am Kriegsende ein. Waren wir anders? Not! Was
ist Not? Wer hat Sie am eigenen Leibe erlebt? Zu was ist der Mensch aus reinem
Selbsterhaltungstrieb fähig? Was ist Angst, Todesangst?
Hunger tut weh! Wer
urteilt? Wer verurteilt? Mit fetten Bäuchen vor dem Fernseher auf der Couch
liegend, sieht
alles ganz anders aus und es lässt sich leicht Moral predigen oder Mitleid
heucheln.
Erinnerungen eines damals 9 jährigen Almricher Jungen.
Die angloamerikanischen Bomberverbände warfen auf dem Rückflug von Leuna
oder Leipzig die letzten Bomben über Naumburg ab und trafen glitzernde
Gewächshäuser am Postring, den alten Friedhof, das Polizeiamt in der Salzgasse
von der Neustraße zur Salzstraße und griffen gezielt das Heereszeugamt in
Grochlitz an. Als dieses von den Deutschen Heeresangehörigen zum Kriegsende
fluchtartig verlassen wurde, holte sich die Naumburger Bevölkerung alles, was
nicht niet und nagelfest war. Von den Heeresbeständen war noch genügend
vorhanden, was nicht beschädigt war , Lebensmittel aller Art, Konserven,
Butterfässer, Zuckersäcke usw. Mit allen Transportmitteln die zur Verfügung
standen, wurde alles, einfach alles abtransportiert. Zum eigenen Bedarf oder zum
späteren Tausch. Meine Mutter war mit einer bekannten Witwe aus der
Nachbarschaft auch unter den
„Plünderern“ oder wie soll ich sie nennen, die armen Schweine, denen man den
Ernährer an der Front erschossen hat? Mütter die für Ihre hungernden Kinder
Nahrung beschafften. Alte Männer, für den Krieg untauglich, die das gleiche
taten, oder Kinder die das taten, was Ihnen die Erwachsenen vormachten. Sie
nahmen sich herrenloses Gut, was Ihnen half, die Not und den Hunger zu
überwinden. Meine Mutter kam mit einem 2 Zentnersack Zucker und einem Klumpen
Butter nach Hause. Die Haare mit Butter verschmiert. Beim Kampf um die Butter
waren sich die Frauen und Männer buchstäblich in die Haare gekommen.
Daran wurde ich erinnert, als ich die um
irgendetwas streitenden
Haitianer zwischen den Trümmern von Porte-au-Prince im Fernsehen sah.
Was soll’s, für einige Tage waren wir versorgt. Der Zucker wurde
gegen andere Lebensmittel getauscht und das Leben ging weiter. Wir Kinder, die
Tage später das Gelände durchstreiften, fanden noch Werkzeug und viele
Kugellager aller Größen. Wir schleppten sie weg, ohne zu wissen für was sie
brauchbar waren. Als erstes bauten wir uns flache Holzkarren aus zwei runden ca.
60cm langen Ästen, an deren Ende, 2 große Kugellager aufgesteckt wurden. Damit
sie nicht herunterrutschten, wurden Sie mit 2 Nägeln gesichert. Darauf wurde ein
Brett montiert, vorn lenkbar und fertig war der schönste Karren um
abschüssige Wege und Straßen hinab zu fahren. Da wurden regelrechte
Straßenmeisterschaften ausgefochten, wer ist der schnellste? Dann wurde eine
Quelle erschlossen wo man die Kugellager zu barer Münze wandeln konnte. Die
Firma Muck-Lamberty , in der Domgasse kaufte alles auf, was damals so an
„Beutegut“ gehandelt wurde. Auch wir Jungs vom Lindenberg, schafften unsere
Kugellager per Handwagen dorthin. Wir bekamen einige Mark und konnten damit zur
Haushaltskasse unserer Eltern beitragen.
Eine zweite „Fundgrube“ war die Kadette. Von den Kadetten verlassen, unzerstört,
wurde es von der Bevölkerung nach dem Zusammenbruch nach Brauchbaren durchsucht
und ausgeraubt. Wir Jungs hatten es auf Kleidungsstücke, Schuhe und Werkzeug
abgesehen. Dazu mussten wir die Kellerfenster einschlagen um in die Lagerräume
zu gelangen. Einbrechen,
klauen was nicht niet und nagelfest war, wurde zum alltäglichen Sport.
Kleidung, das waren H.J. Uniformen, festes Schuhwerk aller Größen
Von den Uniformhemden und Jacken wurden die Embleme abgetrennt und
fertig war ein normales Kleidungsstück. Bei den Schuhen gab es ein Problem, man
konnte Kartons mit rechten oder mit linken Schuhen erwischen. Warum das so war,
ich weiß es nicht. Aber dadurch entstand ein schwunghafter Tauschhandel. Um die
schweren Werkzeugkisten durch die Kellerfenster zu bekommen, musste die Hälfte
entleert werden. Wir Kinder kannten die Werkzeuge gar nicht. Die erwachsenen
Männer nahmen sie uns aber gern ab und gaben uns etwas anderes dafür.
An den letzten Kriegstagen war ein Gerücht im Umlauf,
„Letzter Butterverkauf auf Marken in
Kliebers Milchhalle."
Diese war im „ Adler“ . Über der Tür war das Schild, „ Hier wohnte von – bis-
Hoffmann von Fallersleben, der Verfasser des Gedichtes zum
Deutschlandlied. Dort holte auch ich einen in Papier eingewickelten lose
verkauften Klumpen Butter. Tage später, war der Krieg zu Ende. Die Nazi-
Deutschen hatten Ihn angefangen, alle
Deutschen haben Ihn verloren!
Flüchtlingstrecks zogen durch Almrich, später nannte man Sie
Umsiedler, heute nennen Sie einige Politiker Vertriebene und säen von Neuen
Zwietracht zwischen den Völkern.
Bemitleidenswerte arme Schweine waren Sie Alle, Damals wie
Heute in Haiti!!!
Aber Mitleid allein ist zu wenig. Hilfe, wie nach dem Krieg für die
westdeutschen Bundesländer.
Mit einem internationalen Marshallplan,
muss den Menschen
geholfen werden.
Januar 2010 Heinz Reumann